Ein Stein - Holzbau wie bei den Nachbarn in Evolène
Das mittlere der drei Wohnhäuser fand im Zuge mehrerer Bauphasen zu seinem heutigen Aussehen. Die Schauseite dieses Stockwerkes trägt ein unscheinbares, doch aufschlussreiches Architekturdetail: Unter der Fensterreihe verläuft ein ziemlich verwitterter, stellenweise kaum mehr ersichtlicher Fries: Der an der Hauswand leicht vorstehende Ziersims zeigt senkrechte Kerben, die mit einem Hohlbeitel (gerundete Klinge) in voller Breite ausgenommen wurden. Diese Art der Verzierung erinnert an die verschiedenen Rinnenfriese, wie sie im Oberwallis an den Wohnhäusern des 15. und der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts zu sehen sind. Haben wir hier ein ähnlich altes Gebäude vor uns?
Tatsächlich datieren im Keller die Deckenbretter laut der Dendroanalyse von 1469 und 1471, im Erdgeschoss weisen drei Kernproben auf die Jahre 1471–1473 und eine vierte Probe fällt mit 1540 aus der Reihe. Wir haben mit 1471–1473 zuverlässig eine erste Bauphase vor uns, vier Proben enden mit den äussersten Jahrringen in dieser Zeit. Nennenswert ist der mit 1580 datierte Giltsteinofen – mit dem Ofen im Wohnhaus Fleschen (Seite 142) die ältesten bekannten Öfen Zermatts. Auch hier ist anzunehmen: Vorher existierte wohl ein Vorgängerofen aus Feldsteinen.
Nicht nur der 100 Jahre nach dem Bau des Hauses datierte Ofen, auch weitere Anzeichen sprechen für einen späteren Umbau im Erdgeschoss. Aussen sehen wir bereits drei Generationen von Fensterpfosten nebeneinander stehen. Innen fällt die Position des Ofens in der Stube auf. Er steht nicht wie üblich an der Türwand, sondern an einer Seitenwand. Weiter zeigt die abenteuerlich beschriftete Binna eine Jahreszahl, die von rechts nach links (!) gelesen 1591 ergibt. Damit gelangen wir zu den oberen Stockwerken; hier enden die Jahrringe des Firstbalkens mit dem Fälljahr 1590 – offenbar haben wir hier eine weitere Bauphase vor uns, anscheinend wurde das Haus um eine Etage erhöht und aussen mit einem Rillenfries verziert, der über und unter den kleinen Fenstern über die ganze Fassade verläuft.
Von einer dritten Änderung zeugt eine verwetterte, kaum mehr sichtbare Inschrift auf der Giebelwand, die unter der First verläuft: 1791 I ● M ● I ● B ● M ● O? ● M ● + ● I ● O ● M. Der Firstbalken datiert bereits von 1590, was im obersten Bereich um 1790 geändert wurde, bleibt unklar. Jedenfalls ist der Gebäudekörper auf der Nordwestseite um einen Drittel erweitert und das Dach entsprechend verlängert worden. Dies ergab zusammen mit dem nordöstlich bereits bestehenden Küchenteil in Stein eine L-förmige Umfassung des alten Holzhauses in Steinbauweise. Mit dieser ungewöhnlichen Anlage erfuhr auch das Raumprogramm Veränderungen – dies erklärt unter anderem auch die Versetzung des Ofens von 1580, der in der Stube an einem ungewöhnlichen Platz steht.
Labornummern Dendrosuisse 2022: 621 344-353, 621 412-413 vom 18. August 2022
Koordinate 2 623 036 / 1 095 151
Parzellennummer GIS 3212, Gebäudenummer 2019 bzw. Nr. 34