15. Wegstrecke Zmutt - Furi


Steckbrief Aroleyt

Nach einer Viertelstunde Wanderzeit treten wir aus dem Wald heraus. Auf den Wiesen zu unserer Linken liegen verstreut einige Gebäude und eine Wegabzweigung führt direkt zu den Weilern Zum See und Blatten. Das Gebiet zwischen Furi und Blatten heisst im Zermatter Dialekt Aroleyt.

 

Der Flurname und seine Legende

Der seltsame Name gab schon zu vielen Vermutungen Anlass. Am bekanntesten ist jene Legende, laut der ein Adler (im Dialekt ds Ari, der Adler) ein Kind packte und in die Lüfte entführte, was bitteres Leid verursachte. So sei der Name Aroleid entstanden. Diese und weitere Erzählungen lieferten den Stoff für Geschichten in Schul- und Lesebüchern, aber auch für das bekannte Gedicht Go𝒩ried Kellers (siehe Seite 214). Es handelt sich um eine volksetymologische Deutung des Flurnamens: Die Leute fanden zur Herkunft eines ihnen unverständlichen Wortes oder Ortsnamens eine Erklärung, die sie sich selbst zusammenreimten und die ihnen plausibel erschien – ob sie stimmte oder nicht, war weder überprüfbar noch spielte dies eine Rolle.

 

Die Flurnamenforschung

Aufschlussreich ist das Ergebnis der Flurnamenforschung, die für das Oberwallis von Professor Iwar Werlen (Bern) und Datenbankspezialist René Pfammatter (Brig) geleistet wird. Abgestützt auf Sprach- und Archivforschung wird Aroleyt vom frankoprovenzalischen arolle hergeleitet. Es enthält den vorromanischen Begriff arua für Arve. Die Wortendung -leyt zeigt eine Menge an (Kollektivsuffix), also viele Arven, ein Arvenwald.

 

In Zermatt ist „Aroley“ (ohne ,t’) 1425 erstmals urkundlich belegt. Der Flurname ist 1427 auch talauswärts in St. Niklaus als Arenlait und Arenlayd bezeugt.

 

Nun sind viele Leute erstaunt, dass in Gebieten mit heute als urtümlich geltenden deutschen Dialekten einst Frankoprovenzalisch gesprochen worden sei. Dieses Lokalfranzösische, von ihm stammt auch der alte Name für Zermatt (Praborgne), hatte sich aus einer Mischung von Latein und älteren Sprachen der Region entwickelt. Erst im 8./9. Jahrhundert nach Christus, teils noch später, wurde das Oberwallis durch die Einwanderung alemannischer Kolonisatoren deutsch sprechend.

 

Wir folgen noch für 200 Meter auf der Strasse und erreichen bei einem Hotelkomplex die ersten Gebäude des Ortes Furi. Steigen wir die zweite Seitenstrasse rechts hoch, stehen wir nach 50 Metern bei einer kleinen Gebäudegruppe mit Kapelle und einem ins Mittelalter zurückreichenden Wohnhaus mit angebauter Stallscheune – wir sind im Zentrum des alten Weilers Furi angekommen.