Das ausgedehnte Wiesland auf dem Gemeindegebiet musste jedes Jahr künstlich bewässert werden, da normalerweise in den Monaten Mai und Juni nicht genügend Niederschläge fielen. So entstand rund um Zermatt ein weitverzweigtes Bewässerungsnetz, Wasserleiten genannt. Man nützte jede Wasserquelle, vor allem die Gebirgsbäche: Findelbach, Furggbach, Zmuttbach und Triftbach. Eine Nutzung des Gornerbaches war in diesem Jahrhundert wegen des Rückzuges des Bodengletschers nicht mehr möglich: Der Bach floss bis nach Schweigmatten durch eine tief eingeschnittene Schlucht.
Aber auch die kleineren Bäche gaben teilweise recht ergiebige Wässerwasser, während die Schmelzwasser oft schon im Juni versiegten. Man bevorzugte das Gletscherwasser. Es führte feinen Schlamm, die Litta, mit und lagerte ihn auf den Wiesen ab. Damit wurde die Matte gleichzeitig gedüngt.
Der Zmuttbach
Die Bewässerung des Gebietes im Mutt und auf/unter der Aroflüe war nicht immer einfach. Es war infolge der tiefen Schluchten nicht möglich, das Wasser vom Zmuttbach zu den Wiesen zu leiten. Im Frühjahr konnte vorerst das Schmelzwasser der beiden Bachteln genutzt werden. Da aber die ganze Region sehr sonnig ist, versiegten diese Bächlein schon früh. Es blieben nur noch die Quellen im Distelgufer auf über 2600 m Höhe. Die Unterhaltsarbeiten waren nicht ungefährlich, lag doch auf dieser Höhe im Frühjahr oft noch Schnee. Auch ging in der Rinne des Mittelzugs recht viel Wasser verloren. Hin und wieder kam es vor, dass das Bächlein sich einen Weg durch den Wiissen Zug suchte. Es floss südlich der Kalbermatte zu Tale, fernab von jeder Wasserleitung. Dann mussten die Männer zum Distelgufer hochsteigen und diesen Lauf durch Erde und Steine abdichten, man musste beschejbe, wie es in der Mundart hiess. Doch blieb das Distelwasser über viele Jahre hinweg die einzige Wasserquelle.
Die Muttwasserleita führte also von den Bodmen ins Mutt und bis in die Region Aroflüe. Auf diesem langen Teilstück versickerte viel Wasser. Als nach dem endgültigen Abschmelzen des kleinen Distelgletschers kaum mehr Wasser in die Bodmen floss, baute man Mitte der fünfziger Jahre eine Rohrleitung hin zum Zmuttbach. Sie begann südlich der Kalbermatte. Ironischerweise, so erzählte es Medard Inderbinen (*1911), wurde sie nur eine halbe Stunde gebraucht. Die Leitung senkte sich in den Moränen der Innru Furini, der Zmuttbach schwemmte Sand und Geschiebe von der Fassung her in die Leitung und verstopfte sie. Man sah dann von einer Wiederinstandsetzung ab. Da aber die Bergschaft Zmutt bis heute landwirtschaftliche genutzt wird, erstellte die Gemeinde 1992 für die Gegend im Mutt und auf der Aroflüe eine Wasserleitung mit Sprinkleranlage, die eigens der Bewässerung der Wiesen dient.
Text: Klaus Julen